Aus dem Takt geraten – Quelle: https://www.urheimische-notizen.de/de/2024-04/aus-dem-takt-geraten/
Dass sich Östrogen- und Testosteronspiegel im Lauf des Lebens verändern, hat die Natur so vorgesehen. Doch unser moderner Lebensstil hinterläßt auch hier seine Spuren: Das fein austarierte Gleichgewicht unserer wichtigsten Sexualhormone wird zunehmend gestört.
Die Entscheidung, nicht mehr im Einklang mit der Natur zu leben, ist folgenreich – nicht nur für die Erde, sondern auch für uns selbst. Denn egal, über welches Krankheitsbild wir reden: Die allgegenwärtigen Schad- und Giftstoffe in unserer Umwelt spielen immer eine Rolle. Auch das Hormonsystem gerät durch den modernen Lebensstil zunehmend unter Druck. Inzwischen wird das Problem selbst von der Politik nicht mehr negiert. Ende 2023 hat die Bundesregierung einen „Fünf-Punkte- Plan zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen“ vorgelegt, der an den Auswirkungen von Substanzen wie Bisphenol oder Phthalaten keinen Zweifel lässt. Diese seien „potenziell krebserregend und fortpflanzungsschädigend“ und könnten „irreversible Schäden in der Entwicklung von Organismen“ hervorrufen.
Keine Frage: Die biochemischen Botenstoffe unseres Körpers sind für unseren Organismus und unsere Gesundheit essentiell. Sie steuern die unterschiedlichsten Prozesse. Den Energiehaushalt zum Beispiel, den Schlaf Wach-Rhythmus und natürlich die Geschlechtsentwicklung und Sexualität. Für den Fortbestand unserer Spezies spielen die Sexualhormone Östrogen und Testosteron die wichtigste Rolle. Während sich bei Männern alles um Androgene wie Testosteron und die biologisch aktive Form Dihydrotestosteron dreht, kommen bei Frauen neben den Östrogenen auch die Gestagene (Gelbkörper) ins Spiel, die eine Schwangerschaft aktiv beeinflussen. Östrogene, ein Oberbegriff für die Hormone Estriol, Estradiol und Estron, werden hauptsächlich in den Eierstöcken (Ovarien), in Follikeln, im Gelbkörper sowie zu einem geringen Anteil in der Nebennierenrinde gebildet. Testosteron wiederum wird beim Mann in erster Linie in den Hoden produziert und beeinflusst neben der Geschlechtsentwicklung und der Fortpflanzung auch die Blutbildung und damit auch die Sauerstoffversorgung des Körpers. Östrogen dagegen wirkt zusätzlich zu seiner Aufgabe als Sexualhormon auch auf den Knochenstoffwechsel ein. Beide Botenstoffe kommen in deutlich geringerer Konzentration jeweils auch beim anderen Geschlecht vor.
Der Östrogenspiegel wirkt sich auch auf Augen und Zähne aus
Dass sich unser Hormonspiegel im Lauf der Jahre verändert – und teilweise mit Beschwerden verbunden ist – hat die Natur so vorgesehen. Bei Frauen nimmt der Östrogenspiegel bis zum Eintritt der letzten Regelblutung (Menopause) kontinuierlich ab; mit dem Einsetzen der Menopause fällt er dann noch einmal rapide. Männer dagegen müssen mit weniger Veränderungen leben: Bei ihnen sinkt der Testosteronspiegel in langsamen Schritten. Normal ist, dass die Testosteronkonzentration ab dem 40. Lebensjahr um ein bis zwei Prozent pro Jahr zurückgeht; wie stark sich die Produktion des männlichen Sexualhormons verändert, ist jedoch individuell unterschiedlich. Krankheiten wie Diabetes mellitus, Nierenfunktionsschwäche oder das Schlafapnoe-Syndrom können einen Rückgang des Testosterons begünstigen und damit unter anderem Osteoporose, Blutarmut oder Libidoverlust auslösen.
Was viele nicht wissen: Hormonschwankungen können sich auch auf Augen und Zähne auswirken. Grauer Star, eine Störung der Meibomdrüsen, oder auch trockene Augen haben einen direkten Bezug zu einem niedrigen Östrogenspiegel und kommen deshalb bei Frauen häufiger vor als bei Männern. Denn die Rezeptoren von Geschlechtshormonen wie Östrogen befinden sich im gesamten Auge, einschließlich der Netzhaut und des retinalen Pigmentepithels (RPE). Vor allem nach den Wechseljahren sind Frauen anfällig, an Grauem Star zu erkranken, und tragen ein doppelt so hohes Risiko wie Männer. Ausserdem ist die Hornhaut des Auges bei Frauen generell dünner als bei Männern, was aus der Sicht von Fachleuten ebenfalls am wichtigsten weiblichen Sexualhormon liegen könnte. In der Praxis findet das jedoch bisher nur wenig Beachtung: Selbst Augenärzte, so heisst es in Fachkreisen, seien sich oft nicht darüber im klaren, daß zwischen Männern und Frauen auch bei der Augengesundheit ein hormonell bedingter Unterschied besteht.
In der Pubertät kann der steigende Östrogenspiegel bei Mädchen zur sogenannten „Pubertätsgingivitis“, also zu einer Entzündung des Zahnfleischs führen. Auch in der Schwangerschaft wird der Zahnhalteapparat (Parodont) durchlässiger und das Gewebe lockerer. Die Folge können Blutungen, Schwellungen und im schlimmsten Fall ein Zahnverlust sein. In der Menopause ist die Zahngesundheit dann ebenfalls in Gefahr, weil auch ein sinkender Östrogenspiegel Parodontitis verursachen kann. Der Grund: Im Zahnfleisch (Gingvia) finden sich, ebenso wie im Auge, östrogenaffine Rezeptoren.
Da die Östrogenrezeptoren auch in den Schleimhäuten des Urogenitaltrakts sitzen, sind Organe wie die Blase oder die Vagina ebenfalls von dem sich in der Menopause verändernden Hormonspiegel betroffen. Bei jüngeren Frauen halten die Östrogenrezeptoren die Vaginalwand dick und elastisch; in der Menopause verdünnt sich das Epithel deutlich und kann damit Probleme wie Trockenheit und eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen verursachen.
Schon kleine Veränderungen haben Folgen
Da unser Hormonsystem ein fein austariertes Gefüge ist, können schon kleine Veränderungen unserer Sexualhormone grosse Auswirkungen haben. Bei Frauen zum Beispiel kann ein erhöhter Testosteronspiegel unter anderem zu einer dem Mann ähnlichen Gesichts und Körperbehaarung (Hirsutismus) führen. Kahlköpfigkeit, eine tiefere Stimme und zunehmende Muskelkraft sind weitere Anzeichen dafür, daß die männlichen Sexualhormone im weiblichen Körper aus dem Gleichgewicht sind. Auch die Hormonstörung PCOS (polyzystisches Ovarialsyndrom) läßt sich auf eine höhere Konzentration männlicher Hormone zurückführen.
Umgekehrt kann ein höherer Östrogenspiegel beim Mann zu Symptomen wie Gynäkomastie (Vergrösserung der Brustdrüse, umgangssprachlich auch bekannt als „Männerbrüste“) führen. Auch die sogenannte „Bauchglatze“, ein Verlust der Bauch- und angrenzenden Schambehaarung, gehört zu den Folgen eines erhöhten Östrogenpegels beim Mann. Eine immer früher einsetzende Pubertät bei Mädchen oder eine verminderte Spermienqualität bei Männern sind weitere sichtbare Zeichen dafür, daß unser Hormonhaushalt zunehmend aus dem Gleichgewicht gerät.
Der Versuch, den Hormonspiegel mit synthetischen Hormonen zu beeinflussen, macht die Lage nicht besser – im Gegenteil. Die Wechseljahre sind dafür ein eindrückliches Beispiel. Die Idee, Wechseljahrsbeschwerden mit künstlichen Hormonen zu behandeln, hat sich inzwischen als kontraproduktiv herausgestellt. So können entsprechende Hormonpräparate Beschwerden wie Hitzewallungen oder Schlafstörungen zwar mildern; auf der anderen Seite wächst jedoch das Risiko, an Mamma oder Ovarialkarzinomen (Krebs) zu erkranken. Auch die Gefahr einer kardiovaskulären Erkrankung steigt durch die Einnahme synthetischer Hormone an.
Ebenso wie der sich verändernde Östrogenspiegel wird inzwischen auch das allmählich sinkende Testosteronniveau bei Männern mit entsprechenden Präparaten therapiert. Ihre Verwendung hat – offiziell zumindest – jedoch Grenzen. In Deutschland sind Testosteronersatztherapien verschreibungspflichtig und bei gesunden Männern nur bei Krankheitsbildern wie der Störung Hypogonadismus zugelassen. Der Versuch, mit Produkten wie Testosteronsprays den natürlichen Altersprozess zu stoppen, ist auch hier ein Spiel mit dem Feuer. Ebenso wie die Hormonersatzpräparate bei Frauen können Testosteronmittel bei Männern schwerwiegende Folgen haben. Dazu gehören beispielsweise Herzinfarkt, Schlaganfälle oder Atembeschwerden [6]. Ausserdem kann der Schuss noch aus einem anderen Grund nach hinten losgehen: Wenn wir Stoffe, die der Körper selbst herstellen kann, dauerhaft substituieren, wird die Produktion zurückgefahren oder sogar ganz eingestellt. Anstatt wie gehofft jung und aktiv zu bleiben, drohen dann schrumpfende Hoden oder Unfruchtbarkeit. Wie empfindlich unser Hormonsystem reagieren kann, zeigt das Beispiel eines Babys, das mit einem auffällig langen Penis zur Welt gekommen war. Da der Vater während der Schwangerschaft seiner Partnerin ein Testosteronpräparat verwendet hatte, wird vermutet, dass dies die Ursache für die körperliche Veränderung des Säuglings war.
Unsere Vorfahren waren da wieder einmal schlauer und haben den sich verändernden Hormonspiegel mit natürlichen Mitteln begleitet. So standen bei Frauen in den Wechseljahren verstärkt Lebensmittel auf dem Speiseplan, die auf Hormone regulierend wirken. Dazu gehören Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen oder auch die Kichererbse, die reich an Phytoöstrogenen sind. Das sind Pflanzenstoffe, die dem Östrogen strukturell ähneln und so ebenfalls hormonelle Ungleichgewichte lindern können. Auch das in Spinat enthaltene Ecdysteron kann den Hormonspiegel positiv beeinflussen, wirkt dem natürlichen Muskelschwund entgegen und hat eine positive Wirkung auf das Herz.
Anmerkung: Mit unserer empfohlenen Ernährung kann der Körper die Hormone, die er braucht, wieder selber produzieren. Abgestimmt auf die Erkrankung unserer Klienten.